Sonntag, 2. März 2014
Alizee, Ich und Yunnan
Ja China befindet sich auf der oberen Hälfte des Erdballs und ich befinde mich immer noch in Yunnan. Diese Provinz ist landschaftlich und kulturell super vielfältig und noch dazu im Winter sogar im Norden tagsüber (in der Sonne) ziemlich warm. Nachts wird es zwar schon mal recht kühl, aber fast jedes Hostel bietet Heizdecken an und dann ist es im Bett schön kuschelig.
Der Tag in Kunming war super stressig, aber auf Grund der stressfreien Atmosphäre in der Stadt und der angenehmen Temperaturen war es dann doch ok.
Alizee und ich hatten einiges zu erledigen, wir mussten uns schnell entscheiden, wo wir das chinesische Neujahrsfest verbringen wollen. Das chinesische Neujahrsfest zählt zu der größten Bewegung von Menschenmassen in kürzester Zeit weltweit. Dementsprechend steigen die Preise für diese Zeit, aber wir hatten gleich doppelt Glück. Zum Einen haben wir ein Doppelzimmer in Luguhu gefunden, was ein Bergsee an der Grenze Tibeths ist und dort lebt auch das letzte matriachale Volk. Zum Anderen hat ein chinesischer Geschaeftsmann aus Shanghai mit den Hostelbesitzern gesprochen und auch die Ueberweisung fuer uns uebernommen, denn das ist so eine Sache bei der ich lieber vorsichtig bin. Als Gegenleistung wollte er, dass Alizee ihm franzoesische Marken (Beauty -, Designerartikel, was auch immer) vorspricht; er hat sie dabei aufgenommen ... Unheimlich drollig sowas, aber nun gut, er hat uns auch auf gut Deutsch den Arsch gerettet. Danach hat er uns zum Essen eingeladen und so weiter.
Wir sind dann nach Dali weiter, aber dort sind wir nur ein bischen rumgelaufen, denn da wir eine ganze Woche in Luguhu bleiben werden/muessen, haben wir spaeter noch einmal knapp 2 Wochen, um zu Orten zurueckzukehren und uns dann mehr Zeit zu nehmen. Aber an sich war es schon recht cool in Dali und ich freue mich auf ein Wiedersehen.
Lijiang hingegen ist einfach nur ein riesengrosser Konsumspassverein, die Altstadt sieht zwar echt schoen aus, aber mehr als chinesisches Disneyland ist hier dann auch nicht zu finden. Auch hier werden wir nach den Tigerleaping Gorges zurueckkehren, aber nur um anschliessend wieder in den naechsten Bus zu huepfen und nach Luguhu zu fahren.
So die Tigerleaping Gorges liegen nun hinter uns und es war wirklich atemberaubend. Diese Schluchten liegen am Fusse des Himalayas und wir waren (glaube ich zumindestens) ziemlich hoch. Da wir im Winter in die Berge gefahren sind, war es klimatisch gesehen sehr trocken, tagsueber verdammt heiss und nachts recht kuehl. Am Anfang mussten wir natuerlich ersteinmal hoch und dies war super anstrengend. Denn man muss die 28 Benches meistern, was wohl eher so chinesischen 28 sind, sprich; es koennten auch mehr gewesen sein. Anfangs wurden wir immer von einem chinesischen Gaucho verfolgt, der wohl darauf gewartet hat, dass man aufgibt und man sich dann auf dem Ruecken eines Pferdes hochtragen laesst. Ganz aufmuntert hat er uns darauf hingewiesen, dass es ganz oben kein Wasser mehr gibt und so nebenbei ein wenig Schleichwerbung fuer seine Kollegen gemacht hat. Die den Preis fuer eine kleine Flasche Wasser, der normalerweise ungefaehr 2 kuai betraegt, je hoeher man kommt, logischerweise auch in die Hoehe getrieben haben. Der letzte Stand wollte fuer eine kleine Flasche 5 kuai haben... Ach ja und sie haben auch Weed verkauft, aber nach dem Preis haben wir uns gar nicht erst erkundigt. Erst Recht nicht, nachdem wir gesehen haben, dass in dem kleinen Beutel hauptsaechlich nur Samen waren.
Nach den 28 Benches ging es ein bischen bergab, in einem kleinen Waldrand und das war echt angenehm, denn die Sonne hat schon runtergebrannt. Diese Abwechslung der Vegetation war sowieso verdammt beeindruckend und angenehm. Denn wir haben aus den ueblichen 2 Tage Haijk 3 gemacht und uns die Zeit genommen, das ganze um uns herum zu geniessen und uns auch mal die Doerfer anzugucken. Wobei man hier sagen muss, dass die Dorfbewohner hier bei weitem nicht so nett und aufgeschlossen waren wie die Bulang oder Aini (welche Minderheit hier war, dass wissen wir leider nicht). Auch in manchen Gaestehaeusern waren die weiblichen Arbeitskraefte unbegruendeterweise unfreundlich zu uns. Fuer uns war das nicht wirklich nachvollziehbar, aber gut wenn sie meinen ...
Am letzten Tag haben wir einen Wanderer getroffen, der den ganzen Weg zurueckgelaufen ist und uns aufgefordert hat unbedingt zu Seans Guesthouse zu gehen. Seine Zeitangabe und auch Beschreibung des Weges ist jetzt im Nachhinein eher fragwuerdig, denn statt der Halben Stunde haben wir 2 gebraucht und das Hochkraxeln war auch kein bischen schwierig sondern sackig schwer. Natuerlich hat es sich gelohnt, Seans Guesthouse war super komfortabel, die Leute waren nett. Auch war der Weg echt schoen, allein schon wegen dem Bambuswald und dem zweiten im Bambuswald versteckten Wasserfall. Aber trotzdem, er haette ruhig ehrlich sein koennen ...
Das chinesische Neujahrsfest haben wir in Lijiang und Luguhu verbracht. In Lijiang waren wir einfach nur erschoepft und gammelten lieber im Hostel, als raus zu gehen und uns durch die Menschenmassen zu quetschen. Wobei das eh ein bischen strange war, weil irgendwie jeder sein eigenes Feuerwerk veranstaltet hat. Wir waren dann ganz froh, dass sie ganz in chinesischer Manier frueh begonnen haben (20.00 Uhr) und genauso frueh aufgehoert haben (0.00 Uhr), denn uns hat eine 7 stuendige Busfahr nach Luguhu bevorgestanden.
Luguhu war ziemlich schoen, ich meine der See hier war so rein und blau, der Wahnsinn. Teilweise war es kaum zu glauben, dass wir uns noch in China befunden haben. Denn es war hier sauber, die Leute haben sich so gar nicht "chinesisch" verhalten... Wenn man dann mal ein bischen vom See weggefahren ist, zum Beispiel zur naechsten Stadt neben einem wunderschoenen tibethischen Tempelkomplex, naja dann war man wieder in China. Schmutzig bis zum geht nicht mehr, wow. Es scheint den Chinesen, egal ob Han, Haini, Dai oder Mosuo groesstenteils wirklich egal zu sein, fuer sich selber in einer einigermassen sauberen Stadt zu leben (ich bin mir immernoch durchaus bewusst, dass die Dresdner Neustadt auch mal dreckig sein kann). Die Sauberkeit am See scheint wirklich nur fuer die Touristen zu sein ... Denn Alizee und ich haben uns ein elektrisches Moped gemietet und sind einmal um den ganzen See gefahren. Da haben wir natuerlich auch Doerfer gesehen, die nicht so gut besucht sind wie Lige und die dementsprechend in einem Baustellenzustand sind oder einfach nur dreckig, weil es einige Doerfer ohne Hotels gibt, also dementsprechend ohne Touris. Die waren zwar auch dreckig, aber nicht so krass wie diese Stadt ... Aber der Tempelkomplex war ganz huebsch und nicht so gut besucht wie die bisherigen Tempel, was dem Ganzen eine unheimlich friedliche Atmosphaere verschafft hat.
Nun ja was gibt es in Lige, neben einem wunderschoenen See, kann man hier die Kultur der Mosuo scheinbar spueren zumindestens ist dies DAS Lockmittel des hiesigen Tourismus. Mosuo ist hier die ethnische Minderheit, die ein matrilineales Volk sind. Was bedeutet, dass die Frauen die "Macht" haben. Wobei Macht eindeutig uebertrieben sind. Frauen sind zwar die Familienoberhaeupter und die Frauen der traditionellen Voelker in den entlegenen Doerfer heiraten nicht, sondern praktizieren offene Beziehungen. Aber viele leben eher monogam und Hong, die aus Singapoor stammt und ein Buch ueber die Mosuo schreibt, hat uns erzaehlt, dass die Struktur in den Familien eher auf Gleichberechtigung basiert, als dass die Frauen die Maenner unterdrueckt. Was eine super schoene Atmosphaere kreiert, denn die Menschen hier sind einfach unheimlich lebensfroh, friedlich und aufgeschlossen Fremden gegenueber. Durch Hong haben wir auch Kontakt zu einer Familie in Lige aufgebaut, die ein Restaurant hat und nebenbei Bustransporte nach Lijiang organisiert. Es war ziemlich cool, denn dadurch dass sie uns irgendwie ein bischen kannten, wurden wir jedes Mal super nett begruesst, wenn wir an ihrem Restaurant vorbeigelaufen sind (was dann auch mal mehrmals pro Tag vorkommen konnte, denn eigentlich ist Lige eher ein verschlafenes Nest). Auch waren die Mosuo Maenner im Vergleich zu vielen Han Chinesen angenehmer. Ich weiss nicht, ob das daran liegt, dass wir uns nur in dem Kreis von Hongs Freunden befunden haben oder tatsaechlich daran, dass es fuer sie von Geburt an normal ist mit Frauen respektvoll umzugehen. Jedenfalls wir haben unsere Zeit hier wahnsinnig genossen und es war wirklich eine nette Abwechslung zu Shangrila (was ja als DAS Dorf bekannt ist, was die tibethische Kultur bewahrt), denn es dort gab es einen Brandt und 70 Prozent der Stadt vorwiegend die Altstadt ist den Flammen zum Opfer gefallen ...
Als nächstes ging es nach Dali. Dali zu erreichen war ganz chinesischer Reisemanier ein Chaos bestehend aus; einem Bus der die letzten Metern in Lijiang den Geist aufgegeben hat, einem Taxifahrer, der uns nach Strich und Faden abgezockt hat auf dem Weg zum Bahnhof und dem glücklichen Ergattern der letzten Zugtickets von Lijiang nach Dali. Unsere Busfahr von Luguhu nach Lijiang war ein Glücksgriff und ein Griff ins Klo gleichermaßen. Denn dank chinesischem Neujahrsfest war es fast unmöglich Bustickets aus Luguhu raus zu bekommen, aber wir haben es irgendwie geschafft. Nicht so cool war es dann, dass der Bus für die Fahrt zurück 2 Std länger gebraucht hat und das obwohl es nur Berg ab ging.
Wir haben es dann doch geschafft unser Hostel in Dali zu erreichen und dann begrüßt uns der Typ von der Rezeption mit den Worten: "Sorry but the dorm is full ..." War es das wirklich? Nach einer total anstrengenden und kräftezehrenden Anreise inmitten der Nacht, kein Bett mehr frei? Trotz vorheriger Reservierung? "... I need to give u too the Honeymoon suite, I am really sorry is that ok for you?" Ja endlich war das Glück auf unserer Seite, privates Gemach für mich und Madame Rames. Da die Leute vom Hostel ziemlich gechillt (oder faul?) waren, durften wir zum Dormpreis den gesamten Aufenthalt in Dali in der Honeymoon Suite bleiben, sie hatten keine Lust zweimal zu putzen ...
So hat also unser Aufenthalt in Dali begonnen.
Dali ist städtetechnisch wohl mein liebster Ort in Yunnan. Es ist eine kleine Hippieenklave; Die Einwohner sind zum Teil Ausländer die dem alltäglichen chinesischen oder auch außerchinesischem Wahnsinn entflohen sind, zum Teil entspannte chinesische Hippies, zum Teil die typischen einheimischen Chinesen (die versuchen einem jeglichen Scheiß anzudrehen), Bais (die das wahrscheinlich auch tun) und dann chinesische und ausländlische Touris, die für ein Wochenende oder so in Dali sind.
Obwohl Dali so eine kleine Stadt ist, kann man dort doch einiges machen. Wie zum Beispiel Fahrräder leihen und einmal um den See fahren, in einem Bus in die alten Bai Städte und die Bai Architektur dort genießen oder in den Nationalpark nördlich von Dali in den Bergen wandern. Wir haben selbstverständlich alles gemacht, nette Leute im Hostel kennengelernt wie das verdammt gechillte israelische Pärchen Ran und Shira und einfach das gute Essen genossen.
Zurück in Kunming haben wir uns die Zeit genommen und Kunming erkundet. Mal von dem grünen See ausgenommen, gab es dort noch die 2 Pagados zu besichtigen (leider nur von außen) und das Museum der ethnischen Minderheiten in Yunnan. Dieses Museum war im Gegensatz zum Anti Japankrieg Museum nicht creepy, sondern richtig interessant und wir haben eine Menge über Yunnan aber auch Menschen generell gelernt.

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